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Xi in 1000 Tagen um die Welt

Großmacht-Diplomatie in der Praxis

Außenpolitik ist Chefsache in China. Die Reiseaktivitäten des Partei- und Staatschefs sind ein guter Indikator für das gewachsene Gewicht, das Chinas Führung diesem Politikbereich beimisst. Noch nie waren Chinas Diplomaten so aktiv auf dem globalen diplomatischen Parkett wie seit dem Amtsantritt von Partei- und Staatschef Xi Jinping.

Trotz schwerwiegender ökonomischer Turbulenzen zuhause, trotz einer tiefgreifenden Umgestaltung des politischen Apparats und trotz des ambitioniertesten militärischen Reformprogramms seit Gründung der VR China beackert Xi selbst das Feld Außenpolitik mit höchster Priorität: In den letzten drei Jahren hat er über 40 Länder besucht - ein Rekord, der all seine Vorgänger in den Schatten stellt.

Dahinter steht: Unter Xis Führung sind die außenpolitischen Ambitionen Chinas deutlich gewachsen. Beijing hat einen neuen Kurs eingeschlagen: Zurückhaltung ist nicht mehr das Gebot. Zentrale Prämissen der Außenpolitik haben begonnen sich zu verschieben. 

In dieser „Periode der strategischen Opportunität“ muss China zur Erreichung der eigenen Ziele – aus Sicht der Führung - viel aktiver werden. Die chinesische Präsenz in der Region und weit darüber hinaus wächst rasant. China wird dadurch auch immer verwundbarer.

Neue Beziehungstypen, neue Initiativen

Ein „neuer Typ von Großmacht-Beziehungen“, wie von der chinesischen Führung angestrebt, zeigt sich an der Zahl der Besuche: Die USA und Russland hat Xi drei- bzw. sogar fünfmal besucht. Die Beziehungen zwischen Moskau und Beijing scheinen sich trotz zugrundeliegender Spannungen weiter zu verdichten. Im Verhältnis zu den USA hat dieser Versuch eines „rhetorischen Neuanfangs“ allerdings nicht gefruchtet. Die US-Administration übernimmt das Konzept nicht. In Washington lautet die Einstellung: Ein Fortschritt in den Beziehungen müsste sich konkret in der Praxis zeigen und kann nicht von oben verordnet werden.

Auffallend ist zudem der starke Fokus der Reiseaktivitäten entlang der „neuen Seidenstraße“. Vor allem in den Ländern in der erweiterten Nachbarschaft hat Xi für das neue diplomatische Großprojekt und – auch hier – für einen „neuen Typ internationaler Beziehungen“ geworben. Besuche in Ost- und Mitteleuropa stehen ebenfalls unter dem Vorzeichen der Seidenstraßeninitiative. Angesichts akuter Krisen und Verschiebungen in der regionalen Architektur gewinnt der Nahe Osten strategisch an Gewicht für China und wird zum Spielfeld neuer diplomatischer Bemühungen: Xi hat 2016 die drei wichtigsten Länder der Region (Ägypten, Saudi Arabien und Iran) besucht.

Reiseplan mit Lücken

Xi nahm sich sogar die Zeit, Fiji (881.000 Einwohner) Malediven (345.000 Einwohner) und Trinidad und Tobago (1,3 Millionen Einwohner) zu besuchen. Vor diesem Hintergrund sind die Lücken im Reiseplan umso eklatanter: Die Spannungen mit Japan sind weiterhin so groß, dass ein offizieller Staatsbesuch bislang nicht denkbar schien. Auch eine Stunde im Flieger, um Nordkorea – den Bruderstaat im Norden Chinas - zu besuchen, war offensichtlich bislang nicht einzurichten. Nicht mal zum 70. Jahrestag der nordkoreanischen Arbeiterpartei.

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