Kommentar
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Chinas Freihandelszonen

Begrenzte Räume für Experimente mit Investitionen ausländischer Firmen

Seit April 2017 gibt es in China sieben neue Freihandelszonen, die mehr Handel und ausländische Investitionen aus lukrativen Wirtschaftssektoren in bislang weniger entwickelte Gebiete locken sollen. Die neuen Zonen sind in den Provinzen Liaoning, Shaanxi, Henan, Hubei, Chongqing und Sichuan angesiedelt.

Mit der Einführung von Negativlisten in den Pilot-Freihandelszonen (PFHZ) – dazu gehören unter anderem auch Teile der Städte Shenyang, Zhengzhou, Chengdu und Wuhan - ist ein neues Instrument zur Regelung ausländischer Investitionen entstanden. Die chinesische Regierung möchte in manchen Bereichen – zum Beispiel dort, wo sie Hightech-Knowhow ausländischer Partner braucht – Investitionen erleichtern. In anderen, etwa im Medien- oder Verlagswesen, bleiben Beschränkungen bestehen.

Die Gründung der Pilot-Freihandelszonen dient in erster Linie dem Ziel, die Negativliste zu testen. Die Liste soll in der Zukunft landesweit gültig werden.

Nach eigenem Bekunden verfolgt China damit die Absicht, ausländische Investitionen im Land künftig zu erleichtern und nur noch die Ausnahmebereiche festzulegen, in denen strengere Auflagen gelten. Die Frage, welche Wirtschaftsbereiche künftig auf der Negativliste verzeichnet sind, schafft zugleich auch Verhandlungsmasse, etwa in Gesprächen über ein geplantes bilaterales Handelsabkommen mit den USA.

Die erste Pilot-Freihandelszone wurde im September 2013 in Shanghai eingerichtet, dort sollte eine vom Staatsrat verabschiedete Negativliste erprobt werden. Im März 2015 folgten Pilotzonen in weiteren Städten. Die für die Zonen geltende Negativliste enthält die Branchen und Bereiche, in denen ausländisches Engagement nur beschränkt oder gar nicht möglich ist. Für das Testen der Negativliste in den PFHZ sind zwar die lokalen Regierungen zuständig. Zusammengestellt wird sie allerdings in Beijing, von der Nationalen Kommission für Entwicklung und Reform (NDRC) und dem Handelsministerium. Die NDRC entscheidet darüber, wie die Investitionsbedingungen für ausländische Unternehmen in den jeweiligen Bereichen gestaltet werden.

Über Einzelfallprüfungen haben die Nationale Reformkommission, das Handelsministerium und auch lokalen Behörden allerdings weiterhin weitreichende Kontrollmöglichkeiten. Rechtliche Grundlage ist ein von der NDRC erstellter Katalog für ausländische Investitionen (Foreign Investment Industrial Guidance Catalogue). Dieser führt die Branchen auf, in denen ausländische Investitionen „erlaubt“, „beschränkt“ oder „verboten“ werden. Dieser Katalog wurde 2017 neu aufgelegt. In der neuen Ausgabe wurde die Zahl der Beschränkungen oder Sonderregeln für ausländische Investitionen von 93 auf 63 reduziert. Erleichterungen gelten künftig im Dienstleistungssektor, zum Beispiel in Buchhaltung und Wirtschaftsprüfung, im Personentransport und bei der Seefracht. Im Bereich der Fertigung fallen Einschränkungen bei der Herstellung von Gütern für den Schienenverkehr, in Forschung und Entwicklung elektronischer Steuerungskomponenten und bei der Herstellung von Batterien für E-Autos weg.

Ausländische Unternehmen können zudem künftig in China mit Förderung rechnen, wenn sie in aufstrebende Technologiebereiche wie 3D-Druck oder Virtuelle Realität (VR) investieren.

Die derzeit in den Pilotfreihandelszonen getestete Negativliste soll eigentlich in Zukunft landesweit gültig werden und den Investitionskatalog des NDRC ersetzen. Es ist derzeit noch unklar, ob und wann dies der Fall sein wird. Denn die Reformkommission würde mit dem Katalog auch ein Instrument verlieren, um inländische Firmen vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Die in den PFHZ erprobte Liste ist deutlich weniger umfangreich als der in Beijing entwickelte Katalog.

Schwierig für ausländische Unternehmen und Investoren ist zudem die Tatsache, dass über die genannten Listen und Kataloge hinaus eine weitere Liste existiert, deren Restriktionen auch für chinesische Unternehmen gelten. Das Experiment Freihandelszonen ist bislang kein Erfolg: Für ausländische Firmen bieten die Pilotzonen nicht unbedingt mehr Freiraum als andere Gebiete in China. Die Regelungen der Negativlisten und andere inländische Bestimmungen überschneiden oder widersprechen sich auch teilweise. China will hier weiter nachbessern. Doch vorerst bleibt das Ausloten der Möglichkeiten und Grenzen der Geschäftstätigkeit in China weiterhin eine äußerst komplexe Aufgabe.

Autor(en)
Lea Shih
Lea Shih
Ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin
Autor(en)
Lea Shih
Lea Shih
Ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin