Maas empfängt chinesischen Außenminister
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Chinas “Europa-Jahr” trifft auf Gegenwind

TOP-THEMA: Chinas “Europa-Jahr” trifft auf Gegenwind

Bei einem Besuch in Brüssel im vergangenen Dezember hatte Chinas Außenminister Wang Yi gegenüber seinen europäischen Kollegen betont, dass Europa 2020 ganz oben auf der diplomatischen Agenda Beijings stehen würde. Als wichtigstes wirtschaftspolitisches Projekt sollte das umfassende Investitionsabkommen (Comprehensive Agreement on Investment, CAI), über das Brüssel und Beijing seit 2014 verhandeln, bis Ende des Jahres abgeschlossen werden.

Chinas Diplomatie-Offensive in den vergangenen zwei Wochen – unmittelbar nach den Besuchen von Vertretern der US-Regierung – hat gezeigt, dass die Beziehungen mit Europa für Beijing hohe Priorität genießen. Mit Spannung wird daher auch die Videokonferenz am 14. September erwartet, bei der Chinas Staatschef Xi Jinping den Präsidenten des Europäischen Rats Charles Michel, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und die deutsche Bundeskanzlerin und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Angela Merkel treffen wird.

Die Besuche von Chinas Außenminister Wang Yi und von Yang Jiechi, oberster Diplomat der Kommunistischen Partei Chinas und Mitglied des Politbüros, in sieben europäischen Ländern sollten den Weg für den Gipfel kommende Woche bereiten. Der Ton auf Seiten der Gastgeber war jedoch deutlich rauer als erwartet. Während Wang dazu aufrief, den Multilateralismus hochzuhalten und die Aufmerksamkeit auf das CAI zu richten, sah er sich mit Kritik an Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang und am Nationalen Sicherheitsgesetz für Hongkong konfrontiert. Ein weiterer Streitpunkt war die Verschiebung der für den 6. September geplanten Parlamentswahlen in Hongkong um ein Jahr. Bei Demonstrationen am Sonntag nahm die Hongkonger Polizei rund 300 Menschen fest. Für Aufsehen sorgte zuletzt auch ein Video, das zeigt, wie Polizisten ein 12-jähriges Mädchen zu Boden ringen.

In Berlin fand der deutsche Außenminister Heiko Maas sehr deutliche Worte. Er forderte eine Rücknahme des Nationalen Sicherheitsgesetzes für Hongkong und den Einsatz einer UN-Beobachter-Mission in Xinjiang. Die Bundesregierung veröffentlichte am Tag von Wangs Besuch ihre Indo-Pazifik-Leitlinien und führt damit offiziell ein Konzept ein, das zuvor als zu konfrontativ gegenüber Beijing betrachtet wurde.

Auch Yang Jiechi hörte bei seinen Besuchen in Griechenland und Spanien nicht nur so positive Worte, wie es chinesische Diplomaten in Europa zuletzt gewöhnt waren. In der offiziellen spanischen Erklärung zu Yangs Besuch wurde das Thema Sicherheit von 5G-Netzen ebenso angesprochen wie Chinas Vorgehen in Hongkong und im Südchinesischen Meer.

Der Blick nach vorn: Für Wang und Yang mag der Empfang in Europa nicht erfreulich gewesen sein, europäische Regierungen werden der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Beijing und dem gemeinsamen Kampf gegen die Covid-19-Pandemie aber weiter offen gegenüberstehen. Die Besuche haben jedoch gezeigt, dass Europa von China konkrete Resultate erwartet und Versprechen der wirtschaftlichen Öffnung allein nicht ausreichen. Chinas Staatschef Xi Jinping betonte zuletzt die zentrale Rolle von chinesischen Staatsunternehmen für die Wiederbelebung der Wirtschaft nach der Coronakrise. Angesichts weiterer Hindernisse erscheint der Abschluss des CAI bis Ende des Jahres unwahrscheinlich.

MERICS-Analyse: “Der Ball liegt nun bei China. Wenn Beijing Europa nicht abschrecken und eine transatlantische Front gegen China verhindern möchte – die im Falle eines Wahlsiegs von Joe Biden bei den US-Präsidentschaftswahlen im November noch wahrscheinlicher werden dürfte – muss Xi bei den Investitionsverhandlungen auf seine Worte Taten folgen lassen,” sagt MERICS-Expertin Lucrezia Poggetti.

Medienberichte und Quellen:

Globale Nachfrage verhilft China zur wirtschaftlichen Erholung – aber wird diese anhalten?

Die Fakten: Die anhaltende globale Nachfrage trägt aktuell zu Chinas wirtschaftlicher Erholung bei. Die jüngsten Handelszahlen zeigen, dass China einen Handelsüberschuss von 58,9 Mrd. USD verzeichnet. Mehr als die Hälfte des Überschusses wurde im Handel mit den USA erwirtschaftet – entgegen aller Äußerungen über eine sogenannte „Entkopplung“ der beiden Volkswirtschaften. Rund 34 Mrd. USD beträgt Chinas Handelsüberschuss gegenüber den USA, dies ist der zweitgrößte in der Geschichte.

Im Gegensatz zu der kräftigen Ausfuhrtätigkeit konnte der Einzelhandel noch nicht aufholen. Alles in allem erholt sich Chinas Wirtschaft nur schleppend, bislang gab es in diesem Jahr keinen Monat mit positivem Wirtschaftswachstum. Die jüngsten Zahlen vom 7. September zeigen, dass die Exporte im August um 9,5 Prozent gestiegen sind (und damit 2,3 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum); während die Importe um 2,1 Prozent fielen (und damit wiederum 5,2 Prozent geringer ausfielen als im Vergleichsmonat 2019). Die offiziellen Devisenreserven konnten um 9 Mrd. auf 3307 Mrd. USD gesteigert werden.

MERICS-Analyse: Um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie im eigenen Land gering zu halten, setzt Beijing auf hohe Produktionsauslastung. Die gedämpfte Inlandsnachfrage führt dazu, dass alle Überschüsse ins Ausland gehen. Die Einfuhr von US-Produkten ist zuletzt gefallen. Aktuell gilt es deshalb als unwahrscheinlich, dass China in der Phase 1 des Handelsabkommens mit den USA die gestellten Anforderungen erreichen wird, wonach es den Kauf amerikanischer Produkte und Dienstleistungen über die nächsten zwei Jahre um insgesamt mindestens 200 Mrd. USD steigern müsste.

Der Blick nach vorn: Niedrige Importe und Einzelhandelsumsätze zeigen, dass die Binnennachfrage immer noch schwach ist. Beijing nutzt Investitionen und Exporte, um einen Anstieg der Beschäftigungszahlen zu erreichen. Diese Situation dürfte sich nicht als dauerhaft tragfähig erweisen, weil die Nachfrage auch im Ausland nicht stark genug ist. Ausländische Regierungen könnten versucht sein, lieber ihre heimischen Unternehmen zu unterstützen und den Handel zu nutzen, um ausreichend Beschäftigung zu garantieren.

 Medienberichte und Quellen:

Proteste gegen verstärkte Sinisierung des Schulunterrichts in der Inneren Mongolei

Die Fakten: In der nordchinesischen autonomen Region Innere Mongolei haben tausende Schüler und Eltern in mehreren Städten gegen eine zum 1. September in Kraft getretene Schulbuchänderung protestiert. Wie in den autonomen Regionen Tibet und Xinjiang sollen auch hier Erstklässler an Grund- und Mittelschulen in einzelnen Fächern (in Geschichte, Politik sowie „Moral und Gesetzesherrschaft“) mit neuen Lehrbüchern auf Hochchinesisch und nicht mehr auf Mongolisch unterrichtet werden. Nach Demonstrationen und Schulboykotten in mehreren Städten und Kreisen hat die Polizei mindestens 23 Personen festgenommen. Partei- und Verwaltungsbehörden haben zudem mehrere mongolische Kader und Angestellte aus dem Staatsdienst entlassen und Disziplinarverfahren gegen sie eingeleitet. Sie hatten sich geweigert, den Schulboykott ihrer Kinder zu beenden. Die chinesische Regierung begründet diesen Schritt mit der graduellen Ausweitung der bilingualen Schulausbildung, die den ethnischen Minderheiten mehr Zukunftschancen eröffne und die „Anerkennung der chinesischen Nation” verbessere, wie die Global Times schrieb.

Der Blick nach vorn: Die chinesische Regierung wird ihren Kurs der Zwangsassimilation aller ethnischen Minderheiten durchsetzen – notfalls auch mit noch mehr Gewalt. Es ist damit zu rechnen, dass Beijing ähnlich wie in Tibet und Xinjiang weitere Überwachungsmaßen und Repressionen ergreifen wird, um jeglichen Widerstand zu brechen.

MERICS-Analyse: „Diese scheinbar kleine Änderung des Lehrplans ist ein zentraler Bestandteil von Beijings Politik, allen Bevölkerungsgruppen eine von der Kommunistischen Partei definierte, chinesische Identität aufzuzwingen“, sagt MERICS-Expertin Kristin Shi-Kupfer. „Darüber hinaus hat die Innere Mongolei, wie auch Tibet und Xinjiang, als Grenzregion und Rohstoffwiege eine essentielle geopolitische Bedeutung.”

Medienberichte und Quellen:

METRIX

Der SinoChem-Vorsitzende Ning Gaoning kündigte am vergangenen Mittwoch an, dass die beiden größten chinesischen Chemieunternehmen, Sinochem und ChemChina, wie lange erwartet fusionieren werden. Zusammen genommen erzielten die beiden Chemieriesen im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 146,6 Milliarden USD. (Quelle: yicaiglobal.com)

VIS-À-VIS

Reinhard Bütikofer: „Wir lernen, uns nicht von einer Win-win-Rhetorik einlullen zu lassen“

China Briefing-Interview mit Reinhard Bütikofer, MdEP, Mitglied der Grünen/EFA-Fraktion und Vorsitzender der Delegation für die Beziehungen zur Volksrepublik China, Mitglied im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten (AFET), Europäisches Parlament

Herr Bütikofer, Deutschland war und ist es wichtig, das Verhältnis zwischen China und Europa während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft in eine neue Richtung zu lenken. Nun findet statt des geplanten EU-China-Gipfels in Leipzig am 14. September nur eine Videokonferenz statt. Was erwarten Sie sich von dem virtuellen Austausch?

Die deutsche Bundesregierung wollte lenken und stellt nun fest, dass sie teilweise den Entwicklungen hinterherläuft. Die Art von Leisetreterei, die in Berlin bisher recht beliebt war, passt nicht mehr in die Landschaft. Ich freue mich, dass der deutsche Außenminister neue Töne findet, dass er etwa beim Besuch von Wang Yi solidarisch gegen dessen Tschechien-Schelte Stellung bezog. (…) Die Frage bleibt, ob Beijing unsere Sprache auch versteht, solange man dort den Eindruck bekommt, mehr als kritische Worte habe man nicht zu gewärtigen. Wenn die deutsche Ratspräsidentschaft etwa den EU-Sanktionsmechanismus gegen Menschenrechtsverletzungen zu Ende verhandeln könnte, das zeigte Entschlossenheit. Für die Video-Konferenz mit Xi Jinping am kommenden Montag steht vor allem das Investitionsabkommen auf der Agenda. Frau von der Leyen und Herr Michel müssen darauf achten, dass die EU da klar bei ihren Forderungen bleibt. Sie dürfen sich nicht von der Kanzlerin zu einer Abschwächung unserer Position drängen lassen. Daran messe ich einen Erfolg.

Wie betrachten Sie die Verhandlungen über das europäisch-chinesische Investitionsabkommen? Worauf sollte die europäische Seite unbedingt bestehen?

Ich sehe den Verhandlungsstand kritisch. Unsere Vorstellungen konzentrieren sich auf einen besseren Marktzugang einschließlich der Telekommunikation, auf faire Wettbewerbsbedingungen gegenüber Chinas Staatsunternehmen und auf ein starkes Nachhaltigkeitskapitel. An keiner der drei Fronten gab es bisher einen Durchbruch. Die Durchsetzbarkeit von Vereinbarungen ist jedoch die eigentliche Crux. Wir dürfen uns deshalb nicht mit bloß papierenen Zugeständnissen zufriedengeben.

Der Europabesuch des chinesischen Außenministers Wang Yi war vermutlich als Charmeoffensive geplant, geriet jedoch zu einer schwierigen Mission. Rechnen Sie damit, dass die zunehmend kritischere und distanziertere Haltung europäischer Staaten gegenüber China in absehbarer Zukunft in eine einheitliche China-Politik der EU münden könnte?

Ich weiß gar nicht, ob Wang Yi wirklich eine Charmeoffensive beabsichtigte. Mir machte sein Besuch eher den Eindruck, als solle er die verschiedenen Hauptstädte lehren, dass chinesisches Poltern, Drängen und Drohen zum Normalfall wird: „Bullying as the new normal.“ Dagegen sind wir Europäer längst nicht geschlossen genug. Wobei es auch in Zukunft keine völlig homogene europäische Chinapolitik geben wird, weil nationale Interessenunterschiede sich eben nicht in Luft auflösen. Aber gegen chinesisches Dumping oder gegen unfaire Subventionen, bei der Forderung von Reziprozität bei öffentlichen Ausschreibungen und der Sorge um öffentliche Sicherheit bei sensiblen Investitionen zieht die EU heute viel mehr an einem Strang als noch vor wenigen Jahren. Wir lernen, was es heißt, sich nicht von Win-win-Rhetorik einlullen zu lassen, sondern die Kooperation, die wir durchaus wollen, daran zu messen, dass sie uns in unserer systemischen Rivalität mit der Volksrepublik nicht schwächt. In manchen Bereichen gibt es immer noch zu viel Wunschdenken auf unserer Seite. Beispiel Klimaschutzpolitik. Ich höre oft, China sei doch in dem Bereich ein unverzichtbarer Partner. Unverzichtbar stimmt ja, aber Partner eben nicht. In Beijing geht die Klimapolitik gerade im Krebsgang. Wir kommen nur mit Klartext voran.

Braucht die EU eine neue China-Politik? Und wenn ja, was kann Deutschland tun, um eine einhellige europäische China-Politik zu befördern?

Die EU hat im Frühjahr letzten Jahres eine richtige Positionsbestimmung gegenüber der Volksrepublik vorgenommen. Die muss man nicht neu erfinden. Aber mit der Umsetzung hapert es noch, die ist zersplittert. Deutschland könnte als das Land mit den intensivsten Chinabeziehungen da eine besonders hilfreiche Rolle spielen, wenn unsere Regierung mehr auf die europäische Einbindung deutscher Chinapolitik achten würde. Um es mal hart zu sagen: So lange man sich immer sorgen muss, wie sehr das Kanzleramt deutsche und europäische Interessen mit denen der deutschen Automobilindustrie gleichsetzt, - die sich zu sehr vom chinesischen Markt abhängig gemacht hat, - so lange bleibt europäische Einheit gegenüber China prekär. In den USA hieß es früher mal, was gut für General Motors sei, sei gut für die USA. Das stimmte so nie. Heute wäre es besonders altmodisch. Aber Wolfsburg würde immer noch gerne nach solcher Melodie den Takt vorgeben.

Halten Sie es für wünschenswert, dass der für September geplante EU-China-Gipfel noch in diesem Jahr nachgeholt wird?

Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass das geschieht. Warum sollten wir partout einen Gipfel anstreben, wenn die gemeinsame Substanz fehlt? Erst Eier legen, dann gackern, nicht umgekehrt.

Die Fragen stellte Kerstin Lohse-Friedrich, Leiterin Kommunikation, MERICS
Portraitbild: Copyright Europäisches Parlament

REZENSION

Handelskriege sind Klassenkämpfe von Matthew Klein und Michael Pettis (Yale University Press, 2020)

Matthew Klein und Michael Pettis haben erfolgreich ein großes Narrativ geschaffen, das Einkommensungleichheit, Geopolitik, Handel, Finanzen und sogar Umweltfragen miteinander verbindet. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Handelskonflikte der USA mit ihren wichtigsten Partnern - der EU (insbesondere Deutschland) und China – diskutieren sie grenzüberschreitende Kapitalflüsse und wie sich dadurch entstehende Verzerrungen in einer Volkswirtschaft auf eine andere übertragen.

Denn darauf läuft es hinaus. In einer Welt, in der Kapitalströme nicht kontrolliert werden, führen Veränderungen an den finanziellen Bedingungen eines Landes letzten Endes auch zu entsprechenden Veränderungen in einem anderen Land.  Dies wiederum hat wirtschaftliche Auswirkungen auf Beschäftigung, Investitionen und Handel.

Im Falle Chinas habe die Einschränkung des Binnenkonsums zu einem Anstieg der Ersparnisse geführt, so Klein und Pettis. Nicht alle diese Ersparnisse hätten aber im Inland absorbiert werden können, weshalb ein Zuwachs an Auslandsinvestitionen zu verzeichnen gewesen sei. Die Investitionen seien von Ländern mit offenen Kapitalmärkten, wie den USA und Großbritannien, aufgenommen worden, woraufhin deren Importe gestiegen seien. Dies wiederum führe zu einem Vermögenstransfer innerhalb dieser Länder, da Finanzmärkte von den Zuflüssen profitieren, während Industrien, die traditionell Arbeitsplätze für die Arbeiterklasse bieten, mehr Konkurrenz durch ausländische Produkte erhalten.

Das Buch ist eine großartige Lektüre für jeden, der globale Spannungen verstehen will. Zuweilen analysieren die Autoren jedoch Probleme im Rahmen ihres Narrativs, für die es nicht ganz geeignet scheint. So argumentieren sie zum Beispiel, die Belt and Road-Initiative sei am ehesten als Weg Chinas zu verstehen, ausländische Märkte zur Aufnahme inländischer Finanzüberschüsse zu schaffen. Dieser Behauptung ist an sich nicht zu widersprechen, dennoch halte ich sie nicht für die überzeugendste oder einzige Erklärung.

Maximilian Kärnfelt, MERICS Analyst für Chinas Makroökonomie, Geldpolitik und Finanzmärkte

IM PROFIL: Li Fei-Fei

Li Feifei – Twitter-Vorstandsmitglied und Professorin für AI in Standford und an der Tsinghua-Universität

Die Berufung der in China geborenen US-amerikanischen Informatikerin Li Feifei in den Vorstand von Twitter hat für Schlagzeilen gesorgt. Li ist eine der führenden Wissenschaftlerinnen im Bereich der Künstlichen Intelligenz, Professorin an der Stanford Universität und Beraterin für AI an der Tsinghua-Universität in Beijing. Während eines Sabbaticals (2017/18) war sie Chief Scientist für AI und maschinelles Lernen bei Google Cloud.

Im Alter von 12 Jahren zog die heute 44-jährige Li Feifei von Beijing in die USA. Nach ihrem Schulabschluss studierte sie in Princeton Physik und promovierte am Institute of Technology in Kalifornien im Fach Elektrotechnik.

Lis Berufung in den Vorstand von Twitter sorgt trotz aller Anerkennung für ihre Verdienste um die Erforschung von AI auch für Kritik. Einige Beobachter sagen, dass es zu einem Interessenkonflikt kommen könnte. Denn ihre neue Rolle bedeutet, dass sie in Entscheidungen auf höchster Ebene bei Twitter involviert sein dürfte, beispielsweise wenn es darum geht, wie staatliche chinesische Propaganda oder die Konten von staatlichen Medien klassifiziert werden sollen.

Li unterhält angeblich Verbindungen zu Studentenvereinigungen, die in Verbindung zur Abteilung für Einheitsfront-Arbeit des Zentralkomitees der KPC stehen. 2017 wurde sie von der KPC als eine der “Top Ten Frauen” ausgezeichnet. Es gab auch bereits Vorwürfe, dass Twitterkonten von einigen chinesischen Dissidenten gelöscht worden seien, seit Li Mitglied des Vorstands ist. Auf der Webseite des Weißen Hauses wurde daraufhin eine Petition veröffentlicht, die eine “gründliche Untersuchung der Verletzungen der Meinungsfreiheit durch Twitter” fordert.  

Medienberichte und Quellen:

MERICS China Digest

MERICS Top 3

Internationale Beziehungen

Innenpolitik, Gesellschaft und Medien

Wirtschaft, Finanzen und Technologie