Digitales Chinapolitisches Werkstattgespräch mit Johnny Erling

Am 28. Juni  von 12:00 bis 13:00 Uhr fand das digitale chinapolitische Werkstattgespräch mit Johnny Erling statt. 

Anfang Juli tagt in Peking das „3. Plenum des 20. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas“. Der sperrige Titel steht für die alle fünf Jahre stattfindende wichtigste Weichenstellung für Chinas Wirtschafts- und Sozialpolitik. Nach dem üblichen Kalender der KP-Rituale hätte das 3. Plenum eigentlich schon im vergangenen Herbst stattfinden sollen. Dass die Terminankündigung ohne Erklärung monatelang auf sich warten ließ, führte zu Verunsicherungen und Spekulationen über Xi Jinpings politischen Kurs.

Nun scheint Xi in die Gegenoffensive gehen zu wollen: Xi lässt sich derzeit in den Staatsmedien als oberster Wirtschaftsreformer der Nation feiern. Leitaufgabe für das 3. Plenum sei, „Reformen wieder stärker in den Vordergrund zu rücken, sie in jeder Hinsicht zu vertiefen und den Schwerpunkt auf die Förderung der Modernisierung Chinas zu setzen“, erklärte Xi kürzlich gegenüber ausländischen Konzernchefs. Staatliches Engagement für Zukunftstechnologien und  „neue qualitative Produktivkräfte“ sollen China zum Durchbruch als Hightech-Nation verhelfen.  Die Propagandakampagne steht vor dem Hintergrund einer problematischen Wirtschaftslage und internationalem Druck angesichts Chinas Überkapazitäten. Zwischen den Zeilen erteilte Xi echten Marktreformen allerdings eine Abfuhr, sondern betonte die Notwendigkeit dirigistischer Lenkung und Kontrolle.

Vom 3. Plenum wurden auch personalpolitische Entscheidungen erwartet. Xi hatte eine Reihe von ZK-Mitgliedern, hohe Militärs und Minister ihrer Ämter entheben lassen, bisher ohne öffentliche Anklage. Obwohl Xi den Eindruck absoluter Kontrolle über alle Herausforderungen und Prozesse zu vermitteln versuchte, stand beim Dritten Plenum dennoch das Vertrauen in seinen politischen Kurs auf dem Spiel. 

MERICS Senior Fellow Johnny Erling analysierte, wie die aktuelle Propagandakampagne im Vorfeld des Plenums zu lesen war und was sie über Xis politische Strategie verriet.

Johnny Erling ist Senior Associate Fellow am MERICS und analysiert die Politik der Kommunistischen Partei Chinas. Erling arbeitete drei Jahrzehnte als China-Korrespondent, unter anderem für die WELT und ist Autor zahlreicher Bücher.

Das Gespräch fand auf Deutsch und in einem vertraulichen Rahmen statt.