Chinas Handelsüberschuss + Antikorruptionskampagne + De-risking
Top Thema
Chinas Handelsüberschuss nähert sich Rekordwert von einer Billion USD
Chinas Exportüberschuss hat im Jahr 2024 einen neuen Rekord erreicht. Die Überschwemmung globaler Märkte mit billigen Waren aus China gefährdet weltweit Arbeitsplätze und Wachstum. Industrie- und Entwicklungsländer sind gleichermaßen gefordert, die wachsenden Handelsungleichgewichte anzugehen. Die chinesischen Zolldaten wiesen für 2024 einen Überschuss von 992 Milliarden USD aus, ein deutlicher Anstieg gegenüber dem bisherigen Rekordwert von 838 Milliarden USD im Jahr 2022. Die Stahlausfuhren erreichten ein Neun-Jahres-Hoch, die Ausfuhren von Elektrofahrzeugen stiegen um 13 Prozent und die von technologisch hochwertiger Ausrüstung um fast 40 Prozent. Chinas globaler E-Commerce-Handel hat sich seit 2020 mehr als verdoppelt. Es ist zwar denkbar, dass Unternehmen vor der Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus und den drohenden Zolldrohungen ihre Lagerbestände aufstocken. Das erklärt jedoch nicht den gesamten Anstieg des Überschusses.
Chinas wachsender Handelsüberschuss, der schwache Konsum im Land, Deflationsrisiken und die sinkende Rentabilität sind eine äußerst gefährliche Mischung. Die Unternehmensgewinne gingen von Januar bis November im Durchschnitt um 4,7 Prozent zurück, während die Einnahmen um 1,8 Prozent stiegen. Die Anlageinvestitionen im verarbeitenden Gewerbe waren das ganze Jahr über stark.
Eine Ende 2024 veröffentlichte und vielbeachtete Rede Xi Jinpings (die er im Februar 2023 an Kader der Kommunistischen Partei richtete) und der Bericht des Dritten Plenums 2024 zeigen, dass Beijing an seinem wirtschaftspolitischen Kurs festhält. Beijing setzt weiterhin auf die Stärkung seiner technologischen Unabhängigkeit und Widerstandsfähigkeit seiner Industrie. Zwar deutete Beijing an, Haushalte künftig wieder mehr unterstützen zu wollen. Vorrang haben jedoch übergeordnete nationale Interessen. Seien diese erfüllt, rücke der allgemeine Wohlstand der Bevölkerung wieder in den Mittelpunkt.
Chinas Überinvestitionen, Überkapazitäten und Überproduktion in einer Reihe von Branchen betrifft nicht nur die USA oder Europa. Immer mehr Länder mit mittlerem Einkommen und Entwicklungsländer haben Beschränkungen für bestimmte Exporte aus China eingeführt, in denen sie selbst über aufstrebende oder etablierte Industrien verfügen oder den Aufstieg in der Wertschöpfungskette anstreben. Chinas aktueller Handelsbilanzüberschuss dürfte zahlreiche Staaten veranlassen, über zusätzliche Maßnahmen nachzudenken.
MERICS-Analyse: „2024 brach Chinas Handelsüberschuss erneut Rekorde, das Wachstum des Konsums im Inland war erneut schwach, die Rentabilität der Unternehmen nahm weiter ab und die von Beijing ergriffenen Konjunkturmaßnahmen konzentrierten sich erneut auf die Produktion und nicht die Ankurbelung des Konsums“, so MERICS-Experte Jacob Gunter. „Es überrascht daher nicht, dass immer mehr Industrie- und Entwicklungsländer Maßnahmen ergreifen, um dem wachsenden Ungleichgewicht in Chinas Exportbalance zu begegnen. Europäische Staaten sollten diesem Beispiel folgen.“
Mehr zum Thema: China’s surging overcapacities and distortive exports are pressuring many developing countries too. MERICS China Global Competition Tracker
Medienberichte und Quellen:
- NYT: China’s trade surplus reaches a record of nearly USD 1 trillion
- The State Council Information Office: Press conference on customs, import and export situation for 2024
METRIX
56.887
So viele Autos hat Porsche 2024 in China verkauft – 28 Prozent weniger als im Jahr 2023, als es noch 79.283 waren. Die Luxusmarke reiht sich damit in die Riege anderer internationaler Automobilhersteller ein, die von einem massiven Absatzrückgang im größten Automarkt der Welt betroffen sind. Nicht nur die schwache Nachfrage der chinesischen Kunden ist eine Ursache für diesen Trend. Noch größere Sorge bereitet den Produzenten der sich ändernde Verbrauchergeschmack: Ausländische Marken haben in den letzten Jahren beträchtliche Marktanteile an chinesische Konkurrenten verloren, die hochmoderne und zudem erschwingliche Elektrofahrzeuge auf den Markt gebracht haben. (Quelle: Reuters)
Themen
Xis Antikorruptionskampagne nimmt einfache Kader und Beamte ins Visier
Die Fakten: Partei- und Staatschef Xi Jinping und führende Parteimitglieder kündigten auf der Januar-Tagung der Zentralen Disziplinarkommission der Kommunistischen Partei an, den Kampf gegen Korruption im Jahr 2025 auf allen Ebenen fortzusetzen und dabei nicht nur ranghöhere Vertreter, sondern auch lokale Beamte zu überprüfen. Explizit genannt wurden der Finanzsektor, Staatsunternehmen, die Energiewirtschaft, Tabakindustrie, Infrastrukturprojekte, die Pharmaindustrie, Medizintechnik und Hochschulen. 2024 eröffneten die Behörden Untersuchungsverfahren in 58 ranghohe Beamte, darunter einige stellvertretende Minister sowie hierarchisch noch höher gestellte Personen. Das Treffen von Chinas oberster Anti-Korruptionsbehörde und die Berichterstattung darüber haben gezeigt, wie Beijing das Vertrauen in der Bevölkerung stärken will, indem es sowohl ranghohe Kader als auch Beamte auf den untersten Verwaltungsebene zur Verantwortung zieht.
Der Blick nach vorn: Die Anti-Korruptionskampagne richtet sich zunehmend auf Kader und Beamte, denen es nicht gelingt, politische Maßnahmen zu implementieren oder denen mangelnde Loyalität gegenüber Xi Jinping und der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) vorgeworfen wird. Parteimitglieder und Beamte sind der Zentralen Disziplinarkommission sowie der an diese angegliederten State Supervision Commission unterstellt. Deren Ermittlungsbefugnisse wurden zuletzt ausgeweitet. Wer unter Verdacht steht, gegen Disziplinarvorschriften verstoßen zu haben, dem drohen lange Untersuchungshaft und harte Strafen. Die State Supervision Commission kündigte „die politische Überprüfung” der auf dem 3. Plenum 2024 beschlossenen Konjunkturmaßnahmen und politischen Zielsetzungen an. Die Ziele auf zentraler Ebene stehen oft im Konflikt mit lokalen Interessen. Vergangenes Jahr gab es Berichte über Lokalregierungen, die willkürlich Strafen gegen Unternehmen verhängten, um finanzielle Mittel einzutreiben. Das lief Bemühungen zuwider, die Privatwirtschaft zu fördern.
MERICS-Analyse: „Die anhaltende Anti-Korruptionskampagne setzt Parteikader und Beamte unter Druck. Sie müssen damit rechnen, für ihr Handeln zur Verantwortung gezogen zu werden,“ sagt Katja Drinhausen, Programmleiterin Politik und Gesellschaft bei MERICS. „Angesichts des hohen Erwartungsdrucks und der vielerorts knappen Ressourcen könnten sich viele dazu entschließen, passiv zu bleiben, statt pro-aktiv die Ziele des Parteistaats umzusetzen.“
Medienberichte und Quellen:
Beijing schweigt zu Trump – aber Taten sagen mehr als Worte
Die Fakten: Xi Jinping hat sich in Bezug auf Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus bedeckt gehalten. Auch Beijing äußerte sich bisher nicht zu Trumps Zolldrohungen und seinen jüngsten Äußerungen, Grönland und den Panamakanal zu übernehmen. Und auch die Einladung zu Trumps Amtseinführung blieb bis jetzt unbeantwortet – Beobachter gehen allerdings davon aus, dass Xi einen Vertrauten nach Washington schicken wird, anstatt mit einer Zusage – oder Absage – ein strategisches Risko einzugehen. In der Tat sagen Taten mehr als Worte: In dieser Woche stellte China seinen neuesten Kampfjet der sechsten Generation und das Amphibienschiff Sichuan vor. Beide gelten als Meilensteine in der Entwicklung hochmoderner Waffen, die es China ermöglichen könnten, in die sogenannte erste Inselkette des Pazifiks – Taiwan, Japan und die Philippinen – vorzustoßen und der Präsenz der Vereinigten Staaten in der Region entgegenzuwirken.
Der Blick nach vorn: Obwohl das tatsächliche Leistungsspektrum dieser neuen Waffensysteme noch nicht eingeschätzt werden kann, sendet China mit der Verkündung ihrer Fertigstellung politische Botschaften auf mehreren Ebenen. Auf internationaler Ebene will Beijing die Unabhängigkeit Taiwans verhindern, militärische Parität mit den Weltmächten – insbesondere den Vereinigten Staaten – demonstrieren und im Vorfeld der Präsidentschaft Trumps Stärke signalisieren. Die Botschaft an Washington ist klar: China ist jetzt mit noch besserem und modernen Kriegsgerät ausgestattet, und die USA sollten in der Region Vorsicht walten lassen, um China nicht zu provozieren. Innenpolitisch zielen die Ankündigungen darauf ab, die Moral zu stärken, nachdem Beijing monatelang scharf gegen der Korruption beschuldigte Militärs und Rüstungsunternehmen vorgegangen war.
MERICS Analyse: „Trumps Rückkehr und Xis Ausbau von Chinas militärischer Infrastruktur werden viele asiatische Länder dazu veranlassen, zweimal darüber nachzudenken, ob sie sich den Bemühungen der USA zur Eindämmung Chinas anschließen wollen“, sagt MERICS-Analyst Claus Soong. „Beijings strategischer Fokus und Handlungen senden eine klare Botschaft: Nicht nur ist China mächtig genug, um mit den USA militärisch zu konkurrieren. Xi setzt zudem alles daran, seine These vom ‚aufsteigenden Osten, während der Westen im Niedergang ist‘ Realität werden zu lassen.“
Medienberichte und Quellen:
- DW: China launches new generation assault ship "Sichuan"
- The Telegraph: Why does China’s secret next-gen stealth plane have three engines? This could be the answer
- United Daily: China's consecutive displays of sixth-generation fighter jets and small aircraft carriers reveal three key objectives behind its military posturing. (聯合報: 陸接連展示六代戰機、小航母 大秀軍事肌肉背後有3目的)
Beijing legt Unternehmen bei De-Risking Steine in den Weg
Die Fakten: Ausländische Unternehmen müssen sich bei der Verringerung von Abhängigkeiten von China auf Gegenwind gefasst machen. Das US-Technologieschwergewicht Apple hat als eines der ersten großen ausländischen Unternehmen die Produktion von China in andere Länder verlagert. Fabrikschließungen während der Null-Covid-Politik haben diesen Prozess beschleunigt. Neuen Berichten zufolge versucht die chinesische Regierung, den wichtigsten Apple-Auftragsfertiger Foxconn davon abzuhalten, Spezialmaschinen sowie Ingenieure von China nach Indien zu verlegen. Indische Medien warfen Beijing vor, auf diese Weise die De-Risking-Bemühungen anderer Staaten zu behindern und seinem geopolitischen Rivalen Indien schaden zu wollen. Apple konnte seine Produktion jedoch schneller als erwartet aus China in andere Länder verlegen und Foxconn hat derzeit genügend Mitarbeiter und Ausrüstung aus Taiwan, um die Produktion in Indien am Laufen zu halten.
Der Blick nach vorn: Beijing hat den Export von Produktionsausrüstung in Branchen, in denen China führend ist, bereits eingeschränkt. Dazu zählen beispielsweise Solarpaneele. Die Beschränkungen betreffen zwar auch chinesische Unternehmen mit Produktionsstätten im Ausland. Europäische Unternehmen werden die Auswirkungen jedoch am stärksten zu spüren bekommen. Viele von ihnen haben einen großen Teil ihrer High-Tech-Fertigung nach China verlegt, wo chinesische Ingenieure in zunehmend lokalisierten Fertigungsanlagen beschäftigt werden. Der Transfer der Maschinen und Mitarbeiter in andere asiatische Staaten könnte Diversifizierung für Unternehmen zu einer kostspieligen Angelegenheit machen.
MERICS-Analyse: „Die Gefahren der Verlagerung der Produktion nach China treten immer deutlicher zu Tage”, sagt MERICS-Expertin Antonia Hmaidi. „Zugleich werden Diversifizierung und Risikominderung nicht einfach sein. Das Beispiel Apple zeigt, dass Beijing viele Möglichkeiten hat, Unternehmen Steine in den Weg zu legen.”
Medienberichte und Quellen:
MERICS China Digest
Die chinesische TikTok-Alternative Xiaohongshu ist derzeit die meist heruntergeladene App in den Vereinigten Staaten. Der Oberste Gerichtshof entscheidet in wenigen Tagen über ein Gesetz, das eine Abspaltung von TikTok von seiner chinesischen Muttergesellschaft vorschreibt, ansonsten droht ein Verbot der App in den USA. Grund werden Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit. (14.01.2025)
Biden erlässt neue KI-Chip-Exportbeschränkungen (CNN Business)
Washington hat neue Exportbeschränkungen für in den USA entwickelte Computerchips erlassen, die in KI-Systemen zum Einsatz kommen. Die neuen Maßnahmen sollen Rivalen wie China den Zugang zu dieser fortschrittlichen Technologie versperren. (14.01.2025)
In einem Bericht, der die Ergebnisse einer neunmonatigen Untersuchung zusammenfasst, wirft die Europäische Kommission China vor, sein Beschaffungssystem benachteilige systematisch europäische Hersteller von medizinischen Geräten. (14.01.2025)
Xi Jinping schickt ranghohen Vertreter zu Donald Trumps Amtseinführung (Financial Times)
Chinas Partei- und Staatschef Xi Jinping wird der Financial Times zufolge an seiner Stelle einen ranghohen Vertreter zur Amtseinführung des neuen Präsidenten nach Washington entsenden. Es ist noch nicht bekannt, wer Xi dort vertritt. (10.01.2025)
HMPV: Was man über das Humane Metapneumovirus wissen sollte (BBC)
Die Ausbreitung des Humanen Metapneumovirus (HMPV) in China hat die Angst vor einer weiteren Pandemie geschürt. Experten sagen, das grippeähnliche HMPV-Virus sei nicht mit Covid zu vergleichen und existiere bereits seit mehreren Jahren. (08.01.2025)
Um den Binnenkonsum anzukurbeln, hat die chinesische Regierung mehr Subventionen für Produkte wie Haushaltswaren, Smartphones und Tablets angekündigt. Darüber hinaus wurde ein Programm angekündigt, das den Verkauf von Elektrofahrzeugen und Hybridautos unterstützt. (08.01.2025).