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MERICS Briefs
MERICS China Essentials
8 Minuten Lesedauer

Konkurrenz zwischen USA und China bei KI + Deng Xiaopings 120. Geburtstag + Südchinesisches Meer

Top Thema

Konkurrenz zwischen den USA und China im Bereich KI spitzt sich zu

OpenAI-CEO Sam Altman und Meta-Chef Marc Zuckerberg vertreten unterschiedliche Positionen, wie die USA im Bereich Künstliche Intelligenz führend bleiben und sich im Wettbewerb mit China durchsetzen können. Ihre im Juli veröffentlichten Meinungsbeiträge zum Thema zeigen, wie eng globale technologische Entwicklungen mit der zunehmend von einer Null-Summen-Logik geprägten China-Debatte in den USA verknüpft ist. 

Ein neuer Gesetzesentwurf, der ENFORCE Act, könnte Ausfuhrbeschränkungen für KI bald auf eine neue Ebene heben und nicht länger nur Hardware-Exporte, sondern auch die zugrundeliegenden Modelle kontrollieren. In Washington wächst die Sorge, dass Kontrahenten wie China Modelle für maschinelles Lernen für die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen, Cyberattacken und andere bedrohliche Zwecke nutzen könnten. Der US-Kongress arbeitet derzeit die Details des ENFORCE Acts aus, auf dessen Grundlage das Handelsministerium Exporte von KI-Modellen beschränken könnte, die Risiken für die nationale Sicherheit bergen. Bislang kontrollieren die USA nur den Export von Chips, die China für das Training von KI benötigt. Modelle, deren Quellcode frei verfügbar ist (Open Source) wären von den Beschränkungen zwar vermutlich ausgeschlossen, allerdings soll die Biden-Regierung derzeit die Gefahren einer uneingeschränkten Zugänglichkeit bestimmter bahnbrechender Modelle beleuchten. 

Wohl in Erwartung weiterer Beschränkungen hat OpenAI im Juni chinesische Entwickler von der Nutzung von ChatGPT ausgeschlossen. Zuvor war das Unternehmen gegen die böswillige Nutzung seiner Dienste durch staatsnahe Akteure vorgegangen. In seinem Meinungsbeitrag bezeichnet OpenAI-Chef Altmann bestimmte Sicherheitsmaßnahmen als gerechtfertigt, damit die USA ihren Vorsprung bewahren können. Er stellt sich eine Zukunft vor, in der demokratische Länder unter der Führung der USA im Besitz der fortschrittlichsten KI-Fähigkeiten sind. 

Während OpenAI auf einem proprietären Closed-Source-Modell basiert und das Unternehmen die Kontrolle über seinen Quellcode behält, setzt Meta auf Open-Source. Es überrascht daher nicht, dass Marc Zuckerberg sich für „dezentrale und offene Innovationen“ ausspricht. Er glaubt, dass chinesische Akteure ohnehin auf Modelle zurückgreifen werden, die in den USA entwickelt wurden und sieht in der Offenheit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber China. Die meisten chinesischen KI-Modelle basieren überdies auf der Grundlage der Llama-Architektur von Meta. 

MERICS-Analyse: „Die geopolitischen Spannungen könnten die Regulierung und Anwendung von Open-Source-Software für technologische Innovationen grundlegend verändern”, sagt MERICS-Expertin Rebecca Arcesati. „Unterschiedliche Lager und einflussreiche Interessensgruppen in der Tech-Industrie werden China ins Spiel bringen, um politische Entscheidungen in ihrem Sinne zu beeinflussen.“ 

Medienberichte und Quellen:

METRIX

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So viele Kooperationsabkommen haben China und Russland im August unterzeichnet. Offizieller Anlass war der 75. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen beider Länder. Die Abkommen reichen von Sport über Handel bis hin zu Künstlicher Intelligenz und zeigen die anhaltenden Bemühungen, die umfassende strategische Partnerschaft zu vertiefen. Der Höhepunkt einer Reihe ranghoher Treffen in den vergangenen Wochen war der Besuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang in Moskau im August, wo er den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu Gesprächen traf. (Quellen: Chinesisches Außenministerium, Website der russischen Regierung)

Themen

Xi nutzt 120. Geburtstag von Deng Xiaoping, um Machtanspruch zu zementieren

Die Fakten: Anlässlich der Gedenkfeiern zum 120. Geburtstag des ehemaligen Staatschefs Deng Xiaoping am 22. August nutzte Präsident Xi Jinping seine Ansprache vor allem zur weiteren Zementierung des eigenen Machtanspruchs. So seien sowohl Dengs „Reform und Öffnung“ als auch Xis „Vertiefung der Reformen der Partei- und Staatsführung nicht dazu gedacht, das sozialistische System zu verändern und die Parteiführung zu schwächen. Sie sollten hingegen die Vorteile des sozialistischen Systems hervorheben und die Führung der Partei verbessern.“

Der Blick nach vorn: Xi betonte selektiv die ihm gefälligen Teile von Dengs Politik und interpretierte andere neu, um die eigene parteizentrierte autoritäre Regierungsführung zu legitimieren. „Die ganze Partei muss einen Mittelpunkt haben“, sagte er und bezog sich damit auf seine Rolle als Zentrum der politischen Macht. Deng ist auch heute noch äußerst populär und wird dafür gerühmt, dass er den Maoismus abgeschafft und Chinas Weg zu einer politischen und wirtschaftlichen Weltmacht bereitet hat. Deng führte das Konzept des „Sozialismus chinesischer Prägung“ ein und öffnete das Land für die Privatwirtschaft und ausländische Unternehmen. Gleichzeitig stellte er die Vormachtstellung der Partei nie in Frage und gab 1989 den Befehl für die gewaltsame Niederschlagung der Demonstrationen auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Xi lobte in seiner Rede, wie sich Deng „dem Chaos entschieden entgegenstellte und die sozialistische Staatsmacht entschlossen verteidigte.“

MERICS-Analyse: „Xi setzt nun die von Deng einst ausrangierten maoistischen Bausteine auf eine Weise neu zusammen, die seine Rolle als Machtzentrum der Partei und Chinas zementiert“, sagt MERICS-Analyst Alexander Davey. „Xi hat die unter Deng angestrebte Trennung von Partei und Staat rückgängig gemacht und die Ideologie zurück an die Spitze gestellt.“

Medienberichte und Quellen:

Beijing mit nichtmilitärischen Kräften auf Konfrontationskurs im Südchinesischen Meer

Die Fakten: Am 19. und 25. August kam es im Südchinesischen Meer erneut zu Kollisionen zwischen Schiffen der chinesischen und philippinischen Küstenwache, als philippinische Boote versuchten, ein Schiff der philippinischen Küstenwache in der umstrittenen Sabina-Untiefe zu versorgen. Nach Angaben der philippinischen Regierung waren an dem jüngsten Zwischenfall die chinesische Küstenwache, die Marine sowie 31 mutmaßlich paramilitärische Schiffe beteiligt. Die Sabina-Untiefe liegt in der Nähe der Zweiten Thomas-Untiefe, wo es ebenfalls immer wieder zu Zusammenstößen zwischen den beiden Ländern kommt, weil die Philippinen ein seit langem dort auf Grund liegendes Marineschiff, die BRP Sierra Madre, mit Nachschub versorgen. Erst im Juli hatten China und die Philippinen als Versuch, den Konflikt zu entschärfen, unbehinderte philippinische Lebensmittellieferungen vereinbart. Beide Untiefen liegen in der ausschließlichen Wirtschaftszone der Philippinen, wie ein 2016 im Rahmen des UN-Seerechtsübereinkommens einberufenes Schiedsgericht entschied. Die USA verurteilten das Vorgehen Chinas und bekräftigten das US-philippinische Verteidigungsbündnis aus dem Jahr 1951.

Der Blick nach vorn: Die zunehmende Intensität der Konfrontationen wirft die Frage auf, wie weit China bereit ist zu gehen, um seine Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer durchzusetzen. Der chinesische regierungsnahe Experte Wu Shicun, Vorsitzender des Huayang Ocean Research Center, forderte ein Ultimatum zur Demontage der BRP Sierra Madre und zum Rückzug aus der Sabina-Untiefe – durchzusetzen durch Chinas Küstenwache. Die heftige Reaktion Beijings spiegelt den zugrundeliegenden Konflikt mit den USA wider. Gegenüber Vietnam, das kein Verteidigungsabkommen mit Washington hat, aber ebenfalls Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer geltend macht, zeigt sich China auffallend tolerant.

MERICS-Analyse: „Wie schon in den vergangenen zwei Jahrzehnten wird China auch weiterhin versuchen, seine Vorherrschaft im Südchinesischen Meer zu festigen. Dabei bedient sich Beijing zunehmend nichtmilitärischer Kräfte wie der Küstenwache, Fischereifahrzeuge und maritimer Milizen“, sagt MERICS Analyst Claus Soong. „Diese Strategie zielt darauf ab, Chinas Präsenz in den umstrittenen Gewässern aufrechtzuerhalten und Anrainer zur Akzeptanz zu zwingen – während eine Konfrontation mit den USA tunlichst vermieden wird.“

Mehr zum Thema:

Medienberichte und Quellen:

China reagiert zurückhaltend auf europäische E-Auto-Zölle

Die Fakten: Chinas Antidumping-Untersuchungen von Milchprodukten und Schweinefleischerzeugnissen aus der EU mögen für die Produzenten zwar frustrierend sein. Dennoch fällt Chinas Antwort auf die zuvor von Brüssel verhängten Zölle auf chinesische Elektroautos eher verhalten aus. China hat angekündigt, 20 Subventionsprogramme für die Milchindustrie zu überprüfen, von denen sieben unter die Gemeinsame Agrarpolitik der EU fallen. Betroffen sind insbesondere Irland, Österreich, Belgien, Italien, Kroatien, Finnland, Rumänien und Tschechien. Die Agrarhandelsbilanz der EU mit China war in den vergangenen zehn Jahren durchgehend positiv. Milchprodukte sind mit einem Anteil von 11,5 Prozent das drittwichtigste nach China exportierte Agrarprodukt nach Getreide und Schweinefleisch. Mit rund 1,7 Milliarden EUR machen Milchexporte jedoch weniger als ein Prozent an den gesamten EU-Ausfuhren nach China aus.

Der Blick nach vorn: Es ist zu erwarten, dass China in Folge der Untersuchungen Zollerhöhungen verhängt. Diese könnten die Preise für europäische Milchprodukte in China erhöhen oder die Erzeuger zwingen, ihre Gewinnspannen zu senken, damit sie nicht von Wettbewerbern aus den USA, Kanada, Australien und Neuseeland abgehängt werden. Wenn europäische Produzenten aus dem chinesischen Markt verdrängt werden, ist die Suche nach alternativen Märkten entscheidend. Die angekündigte Untersuchung von Milchimporten und die bereits laufende Untersuchung zu Schweinefleischimporten zielen auf ausgewählte Mitgliedstaaten und die politisch einflussreiche Agrarlobby ab. Selbst wenn diese die Zölle der EU auf Elektroautos in Frage stellen sollten, wäre es unwahrscheinlich, dass Brüssel davon abrückt. 

MERICS-Analyse: „Die Handelsbeziehungen zwischen der EU und China haben sich stark verändert. Vor gerade einmal drei Jahren haben Brüssel und Beijing ein Abkommen zu geographischen Angaben unterzeichnet, dass italienischen Asiago, griechischen Feta und spanischen Manchego schützt. Diese Produkte könnten nun mit Zöllen belegt werden,” sagt MERICS-Experte Jacob Gunter. „Der Großteil des Handels zwischen der EU und China ist von den aktuellen Maßnahmen aber nicht betroffen. Das zeigt, dass Chinas Reaktion auf die europäischen E-Auto-Zölle zurückhaltend war. Beijing kann diese zwar nicht unbeantwortet lassen, will aber eine Eskalation mit einem der wichtigsten globalen Märkte verhindern, der nach wie vor weitgehend offen für chinesische Produkte ist.”

Medienberichte und Quellen:

MERICS CHINA DIGEST

Canada to impose 100% tariff on China electric vehicle imports (BBC)

In addition, the country announced that it will impose a 25 percent duty on Chinese steel and aluminium. Canada, the US and Europe accuse China of subsidizing its EV industry and giving domestic car makers an unfair advantage. (24/08/27)

China slams US for adding firms to export control list, vows action (Reuters)

Washington last week added 42 Chinese firms to its export control list over Russia-related trade issues. China’s Ministry of Commerce responded saying that it would take measures to safeguard the rights of its companies. (24/08/27)

China will limit exports of antimony, a mineral used in products from batteries to weapons (AP)

About a year after China imposed export controls on gallium and germanium, metals critical for chips to PV cells, Beijing now announced curbs on antinomy exports starting September 15. The Commerce Ministry said that the controls serve to safeguard China’s security and interests and fulfil international non-proliferation obligations. (24/08/15)