

Medizintechnik + Handelsspannungen vor EU-China-Gipfel + BRICS
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Vor Gipfel in Beijing: China und EU geraten bei Medizintechnik aneinander
Zwischen Brüssel und Beijing steigen im Vorfeld des EU-China-Gipfels Ende Juli die handelspolitischen Spannungen. China kündigte jüngst neue Beschränkungen für die öffentliche Beschaffung von Medizinprodukten aus der EU an. Konkret untersagt es Verträge im Wert von mehr als 45 Millionen CNY (5,3 Millionen EUR) mit Herstellern aus der EU (ausgenommen jene, die in China produzieren). Ausgeschlossen sind zudem Unternehmen aus Nicht-EU-Staaten, wenn sich der Wert ihrer Produkte zu mehr als der Hälfte aus in der EU hergestellten Komponenten ergibt. Damit reagierte Beijing auf Maßnahmen der EU: Brüssel hatte Ende Juni beschlossen, chinesische Anbieter von Medizinprodukten für fünf Jahre von öffentlichen Ausschreibungen im Wert von mehr als fünf Millionen EUR auszuschließen. Brüssel setzte dafür erstmals sein Instrument für das internationale Beschaffungswesen (IPI) ein, das gravierende Ungleichgewichte beim Marktzugang ausgleichen soll.
Beijing ist offenbar zu einer Handelsauseinandersetzung mit der EU bereit – und dürfte auch an der Bevorzugung chinesischer Produkte auf dem staatlich dominierten Medizintechnikmarkt festhalten. Es setzt Auflagen im Beschaffungswesen taktisch ein und setzt in Handelsstreitigkeiten auf Vergeltungsmaßnahmen. Der Disput droht den anstehenden EU-China-Gipfel zu überschatten, auf dem die EU mit China über Themen wie seltene Erden, grüne Technologien und Landwirtschaft verhandeln wird. Das IPI ist eigentlich als befristetes Instrument gedacht, mit dem Handelspartner bewogen werden sollen, ihre Beschaffungsmärkte zu öffnen. Im vorliegenden Fall könnte es zu einem länger währenden Handelshemmnis zwischen China und der EU werden.
Die Europäische Kommission sieht in dem Verbot einen notwendigen Schritt, um fairen Marktzugang zu erreichen, da derzeit 87 Prozent der Ausschreibungen chinesischer Krankenhäuser ausländische Anbieter ausschließen würden. China ist weiterhin der zweitgrößte Exportmarkt für europäische Medizinprodukte, auch wenn die Nachfrage allmählich zurückgeht und Importe aus China nach Europa steigen. Eine weitere Verstärkung der Handelsspannungen zwischen der EU und China könnte Beijing veranlassen, noch strengere Beschaffungsregeln einzuführen. Dies könnte in China ansässigen europäischen Herstellern schaden – Siemens Healthineers und Philips produzieren 80 bis 90 Prozent ihrer Waren vor Ort – und neue Unsicherheiten für EU-Unternehmen schaffen.
Derzeit scheinen die wirtschaftlichen Auswirkungen von Chinas Vergeltungsmaßnahmen begrenzt zu sein. Das Beschaffungsverbot gilt nur für hochwertige staatliche Ausschreibungen und schließt private Importe aus. Gleichzeitig führte Beijing jedoch neue Unterstützungsmaßnahmen für hochentwickelte medizinische Geräte ein. Außerdem will Chinas Regierung den Sektor der innovativen Medizinprodukte stärker beobachten, Forschung und Entwicklung fördern und Märkte für fortschrittliche Technologien wie KI und Biomaterialien erschließen. Chinas Ziele für seinen Medizintechniksektor – die in Strategien wie „Made in China 2025“ festgehalten wurden – sind äußerst ambitioniert.
„Chinas Beschränkungen für europäische Medizintechnikgeräte sind weniger ökonomischer als politischer Natur. Beijing signalisiert damit seine Bereitschaft, Beschaffungsregeln als Vergeltungsmaßnahme gegenüber Brüssel einzusetzen. Da beide Seiten dieses Instrument einsetzen, wächst das Risiko, dass anhaltende Handelsbarrieren entstehen.“
Altynay Junusova, Analystin, MERICS
Medienberichte und Quellen:
- Official Journal of the European Union: The European Commission implementing regulation (EU) 2025/1197 of 19 June 2025 imposing an IPI measure restricting the access of economic operators and medical devices originating in PRC
- NMPA: Announcement of the National Medical Products Administration on measures to optimize the full life cycle supervision and support the innovative development of high-end medical devices
- Xinhua: The Ministry of Commerce responded to the relevant measures taken on medical devices imported from the EU in government procurement activities
- China’s Ministry of Finance: Notice on Taking Related Measures in Government Procurement Activities for Medical Devices Imported from the EU
- MERICS: Investigating state support for China’s medical technology companies
METRIX
1,08 MILLIONEN CNY...
... oder 132.000 EUR hat ein Bieter bei einer Auktion in China im letzten Monat für eine lebensgroße Labubu-Figur bezahlt. Die kleinen Monster, die vom Hongkonger Künstler Kasing Lung geschaffen und vom chinesischen Spielzeughersteller Pop Mart verkauft werden, sind nicht nur in China enorm populär, sondern haben einen globalen Trend ausgelöst. Im Gegensatz zu seinen ostasiatischen Nachbarn Japan und Südkorea hat sich China bisher schwergetan, seine Popkultur zu exportieren und auf diese Weise seine Soft Power zu steigern. (Quellen: rfi)
Themen
Beijing sendet vor EU-China-Gipfel gemischte Signale zu Handelsstreitigkeiten
China hat seine Zölle auf französischen Branntwein drastisch gesenkt, sich mit anderen Maßnahmen gegen europäisches Schweinefleisch und Milchprodukte zurückgehalten und zugleich Einschränkungen für medizinische Geräte aus der EU und den Export seltener Erden nach Europa erlassen. Mit diesen gemischten Signalen dürfte Beijing versuchen, im Vorfeld des EU-China-Gipfels am 24. und 25. Juli Druck auf Brüssel auszuüben.
Die französische Regierung begrüßte die Vereinbarung mit China über die Festlegung von Mindestpreisen für Weinbrand – den China ins Visier genommen hatte, nachdem die EU im vergangenen Jahr Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge erhoben hatte. Die meisten französischen Produkte werden durch die neue Regelung von Zöllen befreit. Chinas parteistaatliche Medien haben dies als beispielhaften Kompromiss gefeiert, der auch für die E-Auto-Zölle gelten könnte.
Unterdessen warten die europäischen Schweinefleisch- und Milchexporteure auf die von China angekündigten und dann bis Dezember verschobenen Untersuchungen ihrer Produkte. Auf einige wichtige EU-Mitgliedstaaten entfällt ein beträchtlicher Anteil der europäischen Schweine- und Milchproduktexporte nach China. China könnte dies in den Verhandlungen mit der EU als Druckmittel einsetzen.
Schließlich zielt Beijing auf europäische Wirtschaftsinteressen ab. Die Ungewissheit über den Zugang zu Chinas Seltenen Erden und Magneten, die für High-Tech-Produkte verwendet werden, hat in vielen Branchen in Europa für Frustration gesorgt. In einigen Fällen wurden die Lizenzen genehmigt, in anderen wurden sie abgelehnt oder zur Überarbeitung zurückgeschickt.
„Beijing übt vor dem EU-China-Gipfel mit unterschiedlichen Mitteln Druck aus. Beim Thema Weinbrand macht es Konzessionen, bei Schweinefleisch und Milchprodukten spielt es auf Zeit und bei medizinischen Geräten und dem Zugang zu Seltenen Erden agiert es konfrontativ. Die Frage ist nun, ob die EU oder einzelne Mitgliedstaaten versuchen werden, China zu mehr Entgegenkommen zu bewegen, oder ob sie möglicherweise eskalieren, um zu deeskalieren.“
Jacob Gunter, Leiter des Programms Wirtschaft und Industrie bei MERICS
Medienberichte und Quellen:
BRICS-Gipfel in Brasilien verdeutlicht Chinas Einfluss – trotz Abwesenheit von Xi Jinping
Trotz der Abwesenheit von Xi Jinping (und Wladimir Putin) beim 17. BRICS-Gipfel in Rio de Janeiro am 6. und 7. Juli spiegelte die Abschlusserklärung Positionen Chinas zu globalen Fragen wider. Das verdeutlicht Xis Einfluss und auch die Auswirkungen der Politik von US-Präsident Donald Trump auf die Haltung der Gruppe gegenüber der westlich geprägten globalen Ordnung. Auch wenn die USA nicht direkt erwähnt wurden, hatte der diesjährige Gipfel eindeutige geopolitische Untertöne. Die Staats- und Regierungschefs kritisierten die Ausbreitung „handelsbeschränkender Maßnahmen“ und von Unilateralismus – eine klare Anspielung auf die Zölle der Trump-Regierung. An die Europäische Union dürfte der subtile Vorwurf eines „Protektionismus unter dem Deckmantel von Umweltzielen“ gerichtet gewesen sein.
Die Vision des BRICS-Bündnisses für die globale Ordnung entspricht weitgehend Beijings Vorstellungen. Die Themen der Abschlusserklärung ähnelten jenen vom Jahr zuvor: die Förderung eines gerechteren multilateralen Systems, Bekämpfung des Klimawandels und Verbesserung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den BRICS-Staaten. Im Einklang mit der Position Chinas übte die Gruppe scharfe Kritik an Israels Vorgehen im Gazastreifen und den jüngsten Luftangriffen gegen den Iran sowie an den steigenden Verteidigungshaushalten der NATO-Verbündeten. Eine direkte Kritik an Russlands Vorgehen in der Ukraine vermied die Gruppe.
Die BRICS-Mitglieder sind nach wie vor eine heterogene Gruppe mit unterschiedlichen Werten und strategischen Zielen und haben oft Schwierigkeiten, sich in wichtigen globalen Fragen zu einigen. Doch die Unzufriedenheit mit der Politik der Trump-Regierung hat durchaus zu einem neuen Konsens geführt. Auch wenn es keine gemeinsame Vision von einer künftigen globalen Ordnung gibt, stimmen die BRICS-Staaten zunehmend darin überein, dass das derzeitige internationale System reformiert werden sollte. Das dürfte Musik in Beijings Ohren sein.
„Dieser Gipfel hat gezeigt, dass Chinas Prioritäten das BRICS-Format maßgeblich bestimmen, selbst wenn Xi Jinping nicht am Gipfel teilgenommen hat. Zwar ist es unwahrscheinlich, dass China eine konkrete Agenda durchsetzen kann. Jedoch scheint sich die Gruppe zunehmend einig, wenn es darum geht, sich gegen das Vorgehen der USA und die vom Westen geführte globale Ordnung zu wehren. Ziel ist vom Globalen Süden geprägte Alternative, was den strategischen Zielen Chinas entgegenkommt.”
Helena Legarda, Lead Analystin, MERICS
Medienberichte und Quellen:
Rezension
Buch ”House of Huawei: The Secret History of China's Most Powerful Company“ von Eva Dou, Penguin 2025
Die bescheidene Herkunft eines Mannes aus dem ländlichen China, der die große Hungersnot von 1959 bis 1961 überlebte und kaum etwas von Computern verstand, als er in den 1980er Jahren in Shenzhen ankam, steht am Beginn der bemerkenswerten Lebensgeschichte von Ren Zhengfei. Allen Widrigkeiten zum Trotz baute er ein chinesisches Technologieunternehmen und globales Firmenimperium namens Huawei auf. In „House of Huawei“ beleuchtet die US-Journalistin Eva Dou die Entstehung des Unternehmens, das inzwischen weltweit bekannt ist und die globale 5G-Infrastruktur dominiert.
Meisterhaft verwebt die Autorin detaillierte Schilderungen der technologischen Durchbrüche von Huawei mit der internationalen Reichweite des Unternehmens, Rechtsstreitigkeiten und mit den persönlichen Geschichten von Ren und anderen, die hinter dem Erfolg des Unternehmens stehen. Die Erzählungen spielen sich vor dem Hintergrund historischer Ereignisse ab: von Chinas Reformen und Öffnung ab 1978 über Konflikte im Nahen Osten bis hin zu den Olympischen Spielen 2008 in Beijing. Einblicke in Rens Laufbahn beim Militär und sein tiefes Pflichtgefühl gegenüber seinem Land und seinem Volk verleihen den oft oberflächlichen Schlagzeilen, die die Welt mit diesem Tech-Giganten verbindet, mehr Tiefe.
In dem mit poetischen Aphorismen gespickten und von persönlichen Geschichten geprägten Buch rekonstruiert Dou historische Ereignisse mit journalistischer Exaktheit. Das Ergebnis ist erhellend und leicht zugänglich. Während Huawei weiterhin im Mittelpunkt der Spannungen zwischen den USA und China und der Debatten über den Technologie-Wettbewerb und nationale Sicherheit steht, bietet Dou wertvolle Einblicke, die das Verständnis seines Weges beeinflussen könnten. Dieses Buch ist Pflichtlektüre für jeden, der die Geheimhaltung von Chinas Chip-Ambitionen, die Beziehung von Huawei zur Kommunistischen Partei Chinas und die komplexe interne Struktur des Unternehmens, das „nach dem Bild seiner Nation“ geschaffen wurde, besser verstehen will.
Rezension von Daria Impiombato, Senior Analystin, MERICS
MERICS China Digest
Vor EU-China-Gipfel: Kritische Rede von der Leyens (South China Morning Post)
Im Vorfeld des EU-China-Gipfels in Beijing Ende Juli hat die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine ihrer bisher kritischsten Reden zu China gehalten. Thema ihrer Rede vor dem Europäischen Parlament waren unter anderem Beijings Haltung gegenüber Russland und seine Handelspolitik. (08.07.2025)
Ein 33-jähriger chinesischer Staatsbürger wird von den US-Behörden der Cyberspionage im Auftrag Beijings beschuldigt. Seine Festnahme diese Woche in Mailand steht im Zusammenhang mit einem mutmaßlichen Cyber-Angriff auf Forschung zu Covid-Impfstoffen und Regierungs-Datenbanken. (07.08.2025)
Während eines EU-Einsatzes vor der jemenitischen Küste ist ein Bundeswehrflugzeug offenbar Opfer eines chinesischen Laserangriffs geworden. Der chinesische Botschafter in Berlin wurde wegen des Vorfalls ins Auswärtige Amt einbestellt. (09.07.2025)
Ukraine nimmt mutmaßliche chinesische Spione fest (Kyiv Independent)
Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) gab die Festnahme von zwei chinesischen Staatsangehörigen in Kiew bekannt. Sie sollen versucht haben, geheime Militärtechnologie im Zusammenhang mit dem der Küstenverteidigung dienenden ukrainischen Raketensystem „Neptun“ zu stehlen. (09.07.2025)